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Reportage vor Ort: AIR Radeberg in Liegau-Augustusbad

Reportage vor Ort: AIR Radeberg in Liegau-Augustusbad

In Liegau-Augustusbad, dem ehemaligen Heilbad am Rande der Dresdner Heide, befindet sich das Wohn-, Verwaltungs- und Fortbildungszentrum der AIR. Besonders die betreute Wohngruppe bietet eine schöne, alternative Wohnform im Alter.

In der Senioren-WG leben zwölf alte Menschen

Es ist ruhig in der Senioren-WG auf der Rödertalstraße. Im Fernsehen läuft eine Quizsendung. Vier der Bewohner sitzen am Tisch, einige machen ein Nickerchen. Dabei ist es erst kurz nach neun Uhr am Morgen. Selena Mahlo will gerade eine kurze Frühstückspause machen. Seit sieben Uhr kümmert sie sich um ihre WG-Schützlinge: Sie hat das Übergabebuch studiert. Die Pflegeschwester, die vor ihr Dienst hat, trägt dort unter anderem besondere Vorkommnisse ein. Danach hat sie die Patienten gewaschen, einige geduscht und das Frühstück für alle vorbereitet.
In der Senioren-WG leben zwölf alte Menschen, die bei alltäglichen Dingen Unterstützung brauchen. Acht im oberen Stockwerk und vier im unteren. Selena ist hier sozusagen die Chefin, denn sie ist die Teamleiterin. Normalerweise arbeiten sie zu zweit, doch meistens haben sie mehrere Praktikanten, die helfen. So auch heute eine junge Frau, die vor dem Start ihrer Ausbildung zur Ergotherapeutin noch etwas Erfahrung sammeln will. Sie macht vor allem die Aufgaben für die Selena wenig Zeit hat: die Wäsche der Patienten waschen, die Zimmer putzen oder mit ihnen spazieren gehen.
Selena ist seit fast vier Jahren bei der AIR. Sie hat eine Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht und arbeitet seit 2007 in diesem Beruf. Schon als Schülerin hat sie sich für Praktika im Altenheim entschieden: „Ich bin da einfach hängen geblieben, denn es macht mir Spaß andere Menschen zu bemuttern“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Zwei der Bewohner gehen manchmal noch nach Hause, die anderen sind immer in der Wohngemeinschaft. Jeder hat sein eigenes Zimmer, das sie sich selbst einrichten können. Selena öffnet die Tür eines Patientenzimmers. Es sieht aus wie in einer ganz normalen Wohnung: Eine große Schrankwand, Familienbilder an der Wand, viele Wohnaccessoires. „Manchmal bringen die Patienten für unseren Geschmack sogar etwas zu viel mit“, sagt Selena und lacht, „gerade beim Putzen ist das manchmal schwierig.“
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Wir sind wie eine richtige Familie

Damit die alten Menschen aktiv bleiben, dürfen sie das Haus in Begleitung verlassen. Sie gehen dann ein Stück und kaufen sich eine Zeitung oder machen kurze Spaziergänge. Viele der Patienten wohnen bereits mehrere Jahre in der WG: „Da baut man natürlich eine Beziehung auf, wir sind wie eine richtige Familie“, sagt Selena.
Eine Kollegin von Stiliyana Malcheva ruft durch die Wohngemeinschaft: „Stella, du wirst verlangt!“ Kurz darauf ist sie zur Stelle mit einem einnehmenden Lächeln auf dem Gesicht: „Hier ist es gerade etwas chaotisch“, sagt sie, „unsere Zimmer werden schön farbig gestrichen.“ Mehrere Männer in Malerbekleidung laufen umher. Stiliyana, die hier alle Stella nennen, geht in den Mitarbeiterraum. Sie setzt sich und atmet kurz durch. Auch sie ist seit früh um sieben im Einsatz und hat noch viele Stunden vor sich.
Stella arbeitet in Zwölfstundenschichten, denn die Bewohner in ihrer Wohngemeinschaft brauchen eine intensive medizinische Betreuung. Hier muss immer jemand da sein, Tag und Nacht, rund um die Uhr. Zur Zeit haben sie fünf Patienten, vier von ihnen hatten einen Schlaganfall und sind seit ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus bei der AIR.
Eine 70-jährige Frau ist erst vor Kurzem eingezogen. „Sie hat Multiple Sklerose und wird bis an ihr Lebensende hier sein“, sagt Stella.
Sie kommt aus Bulgarien und lebt seit 15 Jahren in Dresden. Ein Unfall während eines Urlaubs in ihrem Heimatland war der Auslöser für Stella den Beruf der Altenpflegerin zu lernen. Sie hatte starke Lungenprobleme und wurde nach Dresden an die Universitätsklinik gebracht. Dort hat sich eine Schwester um sie gekümmert, an die sie sich noch heute erinnert: „Sie hat mich umsorgt wie ein Kind“, sagt Stella, „so will ich auch sein, habe ich mir damals gedacht.“
Seit 2013 arbeitet sie für die AIR in Liegau-Augustusbad. Sie ist Expertin für außerklinische Beatmung und kümmert sich auch um Patienten mit starken Schluck- und Atemproblemen. Neben der Grundpflege, also waschen und anziehen, messen Stella und ihre Kollegen jeden Morgen Blutdruck, Puls, Temperatur, die Sauerstoffsättigung im Blut und kontrollieren die Darmgeräusche der Patienten. Die meisten können nicht mehr sprechen und ihre Beschwerden äußern. „Die Darmgeräusche kontrollieren wir, um die Verdauung zu überprüfen“, erklärt sie.

Die Patienten bekommen oft Besuch

Gleich ist Mittagszeit: Die Patienten bekommen ihre Nahrung dreimal täglich über eine Sonde, weil sie nicht schlucken oder nach dem Schlaganfall nicht mehr in der Lage sind selbst zu essen. Auch Tee und Saft wird ihnen so zugeführt. „In dieser Flüssignahrung ist alles drin, was sie brauchen“, sagt Stella. Während der Mittagsruhe haben die Mitarbeiter zwei Stunden Zeit für die Dokumentation und für ihre Mittagspause. Heute bestellen sie Pizza.
Stella hat eine Weile gebraucht bis sie die Probleme, die ihre Arbeit mit sich bringt, auf Arbeit lassen konnte. „Die ersten sechs Monate war es schon schwierig“, sagt sie. Aber es gibt auch hier Gründe zur Freude: Die Patienten bekommen oft Besuch, fast aller zwei Tage kommen die Ehepartner und die Kinder vorbei. Am Nachmittag sitzen sie alle auf der Terrasse und plaudern wie in einer Familie, sagt Stella.
Es kommt auch vor, dass Patienten nach einer Weile wieder in ihr eigenes Zuhause zurückkehren können.
So wie der junge Mann, der beim Sport einen Schlaganfall erlitt und seitdem im Rollstuhl sitzt und nicht mehr ansprechbar ist. „Seine Frau wird ihn bald nach Hause holen und sich gemeinsam mit uns um ihn kümmern“, sagt Stella. Darauf ist sie stolz, weil sie weiß, dass sie und ihre Kollegen dazu beigetragen haben.
Dann geht sie in das Zimmer, in dem eine Frau liegt, die Mukoviszidose hat. Stella begrüßt Rosi und sagt ihr, dass sie jetzt den Absaugkatheter anschließt. Rosi kann ohne Sprechhilfe nichts sagen und nickt nur. Über den Katheter werden die zähflüssigen Sekrete, die ihre Atemwege zusetzen, regelmäßig abgesaugt. Dann setzt Stella ihr die Sprechhilfe auf den Hals und sagt: „Nur damit kann sie sprechen“ und lächelt Rosi liebevoll an. „Ich bin sehr dankbar für die Hilfe, die ich hier bekomme“, sagt Rosi dann, „Stella macht das alles schon richtig gut.“

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